Aller guten Dinge sind 3: 2 x abgesagt, aber nun starten wir mit KENO HARRIEHAUSEN in unser Sommerprogramm 2022!
Keno Harriehausen (piano
Karlis Auzins (saxophone)
Maya Fridman (cello)
Andris Meinig (bass)
Das Keno Harriehausen Quartet ist ein überaus lebendiges Beispiel für ein Ensemble, bei dem Mehrschichtigkeit aus der Summe der einzelnen Stimmen und des Ganzen als unteilbare Einheit bestens funktioniert.
Die Besetzung allein zeugt schon von der Ungewöhnlichkeit der Band. Mit Tenorsaxofon, Cello, Kontrabass und Klavier erinnert die Kombination eher an ein modernes Kammer-Ensemble als an eine Jazz-Band. Aber an eingespielten Jazz-Formaten ist der Pianist und Komponist auch gar nicht interessiert. Mehr als sechzig Jahre ist es her, dass der amerikanische Komponist, Dirigent und Musiktheoretiker Gunter Schuller in seinen Thesen zum so genannten Third Stream forderte, aus der Kombination von Jazz und Klassik solle kein Jazz mit Klassik und keine Klassik mit Jazz entstehen, sondern eine eigenständige Musik, die sich frei macht von gängigen Reflexen. Woran Schuller selbst auf hohem Niveau gescheitert ist, das findet man bei Harriehausen auf geradezu magische Weise eingelöst. Die Musik erinnert an Momente von Schostakovitsch, Reger und Ravel, aber auch an große Augenblicke des amerikanischen Free Jazz und der skandinavischen Klangfarbenfindung.
Um an diesen Punkt zu gelangen, ist Harriehausen weit gewandert. Er hat in Amsterdam, Trondheim und Kopenhagen gelebt und überall mit Klangfarben, Strukturen und Übersetzungen experimentiert. Die Besetzung seines Quartetts hat sich mehrfach verändert. Ursprünglich war statt der Cellistin ein Schlagzeuger an Bord.
Die 2. CD ‚Shades of Now‘ ist während des Corona-Lockdowns entstanden. Es ist kein abstraktes Szenario, in das uns das Keno Harriehausen Quartett mitnimmt, sondern
eine unmittelbare Reaktion auf die Monate, die hinter uns liegen. Gefühlte Jahrzehnte, in denen wir scheinbar von unserer Biografie getrennt wurden. Alles, was hernach kommt, kann nur ein Neuanfang sein. Die Wucht, mit der das Leben selbst auf diese Musik zugreift, ist überwältigend. Auf beeindruckende Weise gelingt es Harriehausen, eine Balance zu finden zwischen den dystopischen Visionen, die in den Monaten des Lockdowns wohl jede Künstlerpersönlichkeit überkamen, und den hoffnungsvollen Momentaufnahmen des Lebens.
Gerade hinsichtlich der letztgenannten Aspekte weist Harriehausen auf seiner zweiten CD eine enge Verwandtschaft mit der klassischen Musik des 19. und frühen 20. Jahrhunderts auf. Das klassisch-romantische Moment rückt in den Mittelpunkt einer musikalischen Weltwahrnehmung der Gegenwart. Das Korsett des Tradierten wirft er dabei vollständig ab. Jazz ist in diesem Kontext mehr eine Haltung, welche die Kompositionen umfängt und ihnen einen Richtungssinn gibt. Harriehausen ist ein exzellenter Pianist, aber diesmal tritt er noch selbstbewusster als auf dem ersten Album als Komponist in den Vordergrund. (aus dem Pressetext zu ‚Shades of Now‘)
„Farbenreicher und innovativer Jazz mit Ausflügen in Richtung Schostakowitsch, Reger und Ravel.“ – ZDF Kultur
„Ein erstaunlicher Brückenschlag zwischen Jazz und Klassik. (…) ein Musikverständnis, bei dem selbst während improvisierter Passagen der Gesamtklang immer im Mittelpunkt steht. Auch wenn der Gestus des Jazz mitschwingt, wurzelt die Musik des Quartetts hörbar in der europäischen Klassik.“ – Bayrischer Rundfunk, B. Jugel
„Der gebürtige Hamburger (Keno Harriehausen) ist ein Grenzgänger zwischen den musikalischen Welten… er hat ein gewaltiges musikalisches Sprachrohr entwickelt. Wenn er sich an den Flügel setzt und los improvisiert kennt er nur zwei Dinge: Alles oder Nichts.“ – NDR Info, F. Tenbaum
Foto (c) Steven Haberland